Ein halbes Jahr ist um!
Und es gibt nix zu meckern. Ich fasse es nicht. Experiment gelungen. Ich wollte doch nur ein paar Wochen ohne in die Werkstatt zu müssen, und denn das. Ein hässlicher oller Scorpio in der langweiligsten Karosserieform wo geht, mit eigentlich viel zu dickem Motor und depperten Automatik, den ich zudem nie haben wollte, wurde innerhalb von sechs Monaten zu einem meiner Lieblings Autos überhaupt.
Er ist perfekt!
Ich hatte noch nie ein Auto das so bequem gewesen ist, so gnadenlos zuverlässig, das mir mit nichts auf den Sack geht, das in sechs Monaten bis auf Blödsinn wie Keilriemen oder Wischer nix haben wollte, und das mir gleichzeitig so unfassbar Latte ist.
So herrlich befreiend wie diese Kiste, war noch keines meiner Autos, nicht mal der schissige Fiesta, und auch nicht der Sierra. Der Klo hat mich in sechs Monaten keinen einzigen Nerv gekostet. Ich habe keine Angst um Ihn, mir läuft es nicht kalt den Rücken runter wenn was rumpelt oder knackt, ich muss nicht andauernd kontrollieren, nachschauen, sicherstellen. Nach einer Eingewöhnungsphase hat auch die Panik nachgelassen das was von der Elektrik kaputt geht.
Ich habe auch fast vier Monate ausgehalten bevor ich den endlich das erste Mal waschen musste (konnte nicht mehr aus den Seitenfenstern schauen), ich habe den erst vor kurzem grob ausgesaugt weil doch etwas viel Sand im Fußraum lag.
Ab und an knackt was, egal. Dann rumpelt er manchmal beim Gangwechsel wenn man untertourig fährt, meh. Die Tür an der Garagenwand angedischt, wurscht. Wasser läuft hinter die Plastikabdeckung am rechtem Kotflügel, ein Loch unten reingehauen damit es abfließen kann. Anton hat auf die Rückbank gerotzt, naja. Er steht draussen bei Dauerregen, wird schon trocknen. Er steht im Schnee, wird schon schmelzen. Er hat beim Kaltstart mit den Hydros geklappert, hat denn auch aufgehört. Die Bremsenverschleissanzeige leuchtet ab und an auf, wenn's öfter wird klebe ich einen Stück Tape auf die Lampe. Vielleicht läuft der voll mit Wasser durch das Schiebedach? Vielleicht. Man weiss es nicht.
Es ist wirklich ALLES egal.
Ein Einhorn. Mein absoluter Erlkønich der Automobile. Der ist vom Fahren und verhalten her so nah an meinem liebsten Granada wie er nur sein kann. Sieht Scheisse aus, klingt aber gut. Er ist mir alt genug das er noch in dieses Youngtimergeschisse passt und einen kleinen Hauch Alteimerei konserviert, er ist noch so herrlich 80er wie er sein muss damit ich Don Henneley im Radio hören kann, und denn hat er aber das ganze moderne Gedöns wo man nicht nach Ventilen schauen muss, nicht irgendwie daneben kotzt weil Überlauf am Kühler, Bleifrei, Tempomat, Einspritzer, versäuft keine Flüssigkeiten, ich muss nix daran tun... Garnix. Ist auch kein Bedarf. Øl und Wasserschauen mache ich ab und an. Aber da in 10000 km kein Messbarer Verbrauch festzustellen war, mache ich es eher wenn ich daran denke, oder wenn der zum Ølschauen günstig steht, und nicht wie bei dem Ghia Taunus, vor jeder längeren Fahrt.
Er hat bis Dato keine einzige Sekunde meiner Zeit verplempert mit irgendwelchen debilen Defekten, Stinkereien, gebrochenen Scheibenwischern, Heulereien aus der Hinterachse, Dröhnen von der Kardanwelle, und sonstigem endbehindertem Stuss. Ich habe auch keinerlei Bedarf so Sachen zu machen die mir bei einem Granada nicht egal wären, so habe ich keinen Schimmer wie es hinten im Kofferraum unter dem Teppich aussieht, ich habe den wohl beim Kaufen kurz gehoben, aber denn nie wieder. Es wäre denkbar das da Alles voll mit Wasser ist, oder auch nicht. Alleine dieser Gedanke würde mich beim Granada in den Wahnsinn treiben, hier ist es schlichtweg egal. Oder die Fichtennadeln und der ganze Dreck im Motorraum, einfach nicht anpacken, nicht anschauen, funktioniert einwandfrei, Gott weiss was man alles kaputt macht wenn man da rumfingert.
Aber er fährt den Anton immer brav zu Tagesmutter, mich zur Arbeit, Getränke aus Flensburg. Der schüttelt die Kraft aus der Kurbelwelle wie ich es mag, und nicht aus der Drehzahl. Toll. Es ist ein Hochgenuss diesen Müll zu bewegen. Ja, ich freue mich darauf den zu fahren. Jeden Tag.
Ein Hoch auf ein halbes Jahr mit dem tollsten Müllwagen!
Erste Begegnung:
Erste Fahrt:
Abholung:
Asphlatfreigabe:
Erste Fahrt zur Arbeit:
Optimaler Verbrauch:
Kackwetterfahren:
Der allerbeste Mäusezirkus:
Es hat Monate gedauert bis ich das Ding bei Tageslicht gesehen habe. Nix verpasst.
Kaputt!
Ein Hochgenuss.
Die Technik. Bloß nicht genauer angucken, nix anpacken, mit geschlossenen Augen nach Öl sehen und Klappe wieder zumachen.
Der Salzkrustenbraten.
Erste Waschung. Der war denn doch ordentlich ekelhaft.
Den Tag darauf hat's denn -9 gegeben und es hat geschneit. Die ganze Putzerei für den Arsch...
Den Schreissdreck vorbereitet um die kleine Person damit zu befördern.
Weltbestes Extra genießen.
In Flensburg am SB Waschplatz Jetons im Wert von 20 Euro verwaschen, und der is' immer noch nicht sauber geworden.
Katalogbilder.
Einkaufen? Kind abholen? Arztbesuch? Kino? Scheissegal. Wünsch‘ Dir was!
Ja, der ist hässlich, ja die Langzeitqualität ist für die Tonne, ja er ist kein Granada. Leider.
Oder zum Glück.
Ich muss es nicht.