Plastikteile mit Resin reparieren (Granada Mk1

  • Moin zusammen,


    einer der Vorbesitzer hatte einige hässliche Löcher für Gasanlage, Ölthermometer, Alarmanlage und Zigarettenanzünder in die Mittelkonsole meines Granadas gesägt.
    Nachdem das ganze Geraffel ausgebaut war, sahen die Löcher nochmal etwas hässlicher aus:


    Ersatz durch Originalteile war keine Option, die großen Mk1-Mittelkonsolen sind anscheinend seltener als Dodo-Eier...also war Bastelarbeit angesagt.
    Problematisch ist hier die Struktur. Einfach ne Platte reinkleben und verspachteln ist keine Lösung, daher musste ich auf Resinguss mit Silikonform ausweichen.

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  • Einstieg:


    Resinguss mit Silikonform ist ein gängiges Verfahren im Plastikmodellbau.
    Da ich bei meinem Gewurschtel keinen Kameramann zur Verfügung hatte und daher nur zwischendurch Fotoas machen konnte, verweise ich für die allgemeinen Grundlagen der Technik auf dieses hervorragende Youtube-Tutorial:


    Tutorial Resinguss R&G-Kunststoffe


    Die dort vorgeschlagenen (firmeneigenen) Harze und Silikone waren mir doch etwas zu teuer, zumal mein Anwendungsfall eher zu den sehr einfachen zählt (keine engen Hohlräume, in denen sich Luftblasen bilden können und keine komplexen Formen, die hohe Ansprüche an die Reißfestigkeit des Silikons stellen würden).


    Ich habe letztendlich bei der Firma Breddermann Kunstharze eingekauft und fand an der Qualität nichts zu beanstanden
    Breddermann Kunstharze


    Wichtig für die Anwendung im Auto ist die Temperaturbeständigkeit des Resinharzes. Dieses bleibt bis 75°C fest, während andere schon bei 55°C weich werden. Daher vorher unbedingt ins Datenblatt schauen!


    Ansonsten wird benötigt:
    -eine Feinwaage zum Abmessen der Mengen (insbesondere für das Resinharz sollte die schon auf 0,1g anzeigen; ich habe pro Guss ca. 15-25g angemischt, beim Silikon waren es mehr als 120g)
    -ein paar Mischgefäße in der passenden Größe (ich habe alte Joghurtbecher und Mini-Honiggläser genommen)
    -ein paar Rührstäbe (Holzspäne, Schaschlikspieße o.ä.)
    -Knete oder ähnliches, um den oberen Teil der Form zu bauen (ich habe einfach die eine Komponente von 2-Komponenten-Knete genommen, da ich keine normale Knete greifbar hatte)
    -Klebeband (Tesafilm reicht) um die Form über den Löchern zu fixieren
    -Küchentücher, um unvermeidliche Klecksereien unter Kontrolle zu halten
    -Teppichmesser, Feilen, Schleifpapier zum Versäubern
    -Alkohol oder Silikonentferner zum Entfetten der Plastikteile vor dem Gießen und vor dem Lackieren (Weiterer Alkohol zum Trinken schadet sicher auch nicht :uglybeer: )

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  • Formenbau (1):


    Das Abformen von ganzen Teilen hat der Mann aus dem Youtubevideo viel anschaulicher vorgestellt, als ich das hier könnte.
    Da ich aber nur eine (mehr oder weniger) gerade Fläche mit Struktur brauchte, habe ich es mir einfacher gemacht. Abgesehen davon, dass ich keine intakten Teile zum Abformen hatte...


    Die Innenseite vom Handschuhfachdeckel hat eine ganz ähnliche Struktur wie die Blenden in der Mittelkonsole, ist eben und außerdem wie eine Wanne geformt.
    Da 2-Komponenten-Silikon aber recht teuer ist, habe ich die auszugießende Fläche noch mit etwas Knete begrenzt.


    Wichtig: Luftblasen vermeiden! Also die Silikonmasse vorsichtig und langsam verrühren und aus möglichst großer Höhe in die Form gießen!



    Nach einer guten Stunde ist das Zeug ausgehärtet und ich habe nun eine ca. 0,5cm dicke Silikonplatte mit Kunstlederimitatstruktur.

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  • Formenbau (2):


    Als nächstes habe ich die Löcher in den Plastikteilen von Kleberesten befreit, entfettet und nach innen hin etwas angeschrägt. Das sollte theoretisch vermeiden, dass im Guss irgendwo Luftblasen hängen bleiben, war aber in diesem Fall wahrscheinlich übertriebene Vorsicht.


    Die Silikonplatte habe ich dann in passende Stücke geschnitten und mit Tesafilm vor die Löcher geklebt.
    Ein wenig Spannung schadet nicht, damit die Ränder auch dicht sind, allerdings sollte sich das Silikon natürlich auch nicht nach innen wölben.


  • Resinguss:


    da ich aus Stabilitätsgründen ein wenig über den Rand des Lochs hinausgießen wollte, habe ich auf der Rückseite noch einen kleine "Dämme" aus Knete gebaut.
    Nun vorsichtig Harz und Härter zusammengemischt und in die Form gegossen...

    Die auf diesem Bild gezeigte Methode, einfach das Plastikteil mit ein paar Gewichten beschwert auf die Silikonplatte zu legen, hat sich übrigens deutlich schlechter bewährt als die Tesafilm-Methode :uwe:
    Das Ergebnis sah folgendermaßen aus:


    Nach dem Versäubern war der Übergang beim eckigen Loch noch akzeptabel, den runden Resinklotz habe ich dagegen wieder rausgedrückt und neu gegossen. Das ist glücklicherweise kein Problem, da das Resin keine Verbindung mit der Kunststoffblende eingeht.


    Bei diesem Teil war das Stück oben im Bild auch missraten aber ich wollte mir das Gewürge mit Stufe im unteren Teil des Bildes nicht nochmal antun. Also habe ich den missratenen Teil ausgefräst und nochmal gegossen. Die dünne schwarze Linie ist der Übergang zwischen den beiden Güssen. Wird nach dem Lackieren hoffentlich nicht mehr auffallen.



    Sobald ich die Dinger vom Lackieren zurück habe, stelle ich weiter Fotos ein.

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  • Sonstige Arbeiten an der Mittelkonsole:


    Die Löcher waren nicht die einzigen Schäden an der Mittelkonsole.
    Der Kunstlederbezug hatte sich von der Mittelarmlehne gelöst...



    ...einige der Plastikstifte an Schalthebel- und Handbremsrahmen waren abgebrochen...
    ...und deren Gegenstücke (diese Plastikbuchsen in der Mittelkonsole) fehlten zum Teil.


    Den Kunstlederbezug habe ich mit UHU Max Repair und vielen Gummibändern wieder in Position gezwungen:


    Ich hatte erst auf einer Seite UHU plus und auf der anderen Max Repair getestet. habe mich dann für letzteren entschieden, weil der dauerelastisch ist.


    Die Plastikstifte habe ich (sofern noch vorhanden) wieder angeklebt. Anscheinend besteht die Mittelkonsole aus ABS, das sich ganz gut mit lösemittelhaltigem Kunststoff verschweißen lässt.
    In diesem Fall habe ich Ruderer L530 verwendet.
    Die fehlenden Stifte habe ich aus 4,5mm Acrylacetat-Rundstäben nachgebaut. Die Rundstäbe gibt es in diversen Modellbaushops.
    Und so sieht das Ergebnis aus:





    Fehlen noch die Kunststoffbuchsen in der Mittelkonsole.
    Als "Rohling" bieten sich da A7er Blindnietmuttern an.



    Innen auf 4,5mm aufbohren, den Bund etwas dünner und schmaler schleifen (einfach in die Drehbank oder die Säulenbohrmaschine einspannen) und das Loch in der Mittelkonsole auf gut 6,5mm aufweiten und schon passt's:


    Ob diese Konstruktion dauerhaft hält, wird sich noch zeigen. ich halte euch auf dem Laufenden...

  • Wahrscheinlich nur durch Probieren, daher habe ich dieses Problem auch an die hiesige Lackierwerkstatt und deren Mischbank abgeschoben :saint:

  • Hier nun, wie versprochen, das Ergebnis:
    vor dem Lackieren...


    ...und nachher...


    Fazit: links sieht man nur noch auf den zweiten Blick, dass da mal ein Loch war. Damit kann ich gut leben. Rechts habe ich offenbar geschlampt. :S


    Vermutliche Ursache:
    Bei dem runden Loch hatte ich die Blende einfach auf die Silikonplatte gelegt und mit ein paar Gewichten beschwert. Beim eckigen Loch hatte ich den ersten Guss nochmal rausgedrückt und dann für den zweiten Versuch ein Stück Silikonplatte mit Tesafilm vor das Loch geklebt. Das scheint also besser zu funktionieren...

  • So ist das, Erfahrung hat man immer erst kurz nachdem man sie braucht.
    Kleb da ein siebziegerjahre Innenthermometer drauf und gut ist...