Hallo Forum,
zur Anmeldung würde ich mich (Ole, 31, derzeit aus Mainz) gerne kurz Vorstellen. Bzw. in erster Linie natürlich mein Auto, denn wer interessiert sich schon für den Rest? ;) Oder wollte jemand meine Schuhgröße? 48.
Wahrscheinlich muss ich allen und mir selber eingestehen, dass der Hang zu dieser Art Auto wohl extrem durch Filme und Fernsehen beeinflusst wurde - geht wahrscheinlich einigen so. Dazu kommt noch, dass mein Vater ein bisschen altes Eisen zuhause rumstehen hat, allerdings stammt sein Blech aus den schwedischen 60ern. Und dann kam der Escort. War nicht geplant ihn zu kaufen, aber als er so angeboten wurde konnte er nicht nein sagen, so als alter Rallye Fan ist es eben schwer an einem unverbastelten RS2000 Mk1 vorbei zu gehen! Da er aber meistens mit seinem Volvo beschäftigt war musste sich natürlich auch jemand um den Ford kümmern und als Student (Bio, nebenbei) konnte ich mir sowieso nichts eigenes leisten. Gute Gelegenheit schrauben zu üben, der Escort hat irgendwie immer was, obwohl er eigentlich in einem ganz guten Zustand ist, anscheinend aber etwas britisch, der Gute. Nu ja, dann verdient man endlich ein paar Euros und der Traum selber ein Auto zu kaufen war sowieso immer da. Welches war eigentlich auch klar: Knudsen Taunus. Gesucht hab ich eigentlich nicht, nur immer mal so über die Angebote geschaut. Und dann stand da einer, den ich eigentlich auf den ersten Blick mochte:
1972er Knudsen 2000 V6 GXL, zwei Türer Limosine, weiß mit schwarzem Dach, Import aus Frankreich (ich hab die originale Rechnung, das Autohaus gibts aber nicht mehr, hab ich bei Google Earth gesehn), ziemlich original (inkl. Lack), nix geschweißt, fast kein Rost, deutsche Papiere, H-Zulassung. Angeschaut und zwei Tage später war es meiner! Gekauft hab ich ihn in der Nähe von Straßburg (also auf deutscher Seite des Rheins), einen Platz zum unterstellen hab ich hier in Mainz leider (noch) nicht - also muss er erst mal nach hause, Vatter hat ja Platz! Zuhause ist bei Kassel. Auf den ersten Blick hab ich dem Auto auch die Fahrt auf eigener Achse zugetraut, einzig die alten Reifen (wenn ich die DOT richtig ablese von '92!) und das seltsame Geräusch aus der Lenkung haben mich auf gutes Wetter hoffen lassen. Mit den alten Dingern wollte ich nicht unbedingt im Regen fahren. Das war kurz nach Ostern, das Wetter war also nicht sooo Bombe, es ist am Ende aber doch trocken geblieben.
Da das Auto den ganzen Winter gestanden hatte, dachte ich: nicht gleich auf die Bahn, lass ihn erst mal warm werden und du kannst ihn vielleicht auch ein bisschen kennenlernen auf der Bundesstraße. Nachdem sich 50km lang die Motortemperaturanzeige nicht bewegt hatte, konnte ich meiner to-do Liste schon mal einen weiteren Punkt hinzufügen. Für den Rest des Weges hab ich mir vorgenommen öfter mal rechts ran zu fahren und nach dem Kühler bzw. der Temperatur zu schauen. Bei ersten Boxenstop schien er ganz unauffällig. Beim zweiten (ca. bei Mannheim) ging beim runter schalten in der Bremsspur zum Parkplatz eine rote kleine Leuchte an, der Motor aus und die kläglichen Reste des Kühlwassers wurden durch das Überdruckventil in den heißen Motorraum erbrochen, was zu erheblicher Dampfentwicklung führte.
Dank der Trägheit der Masse ist das Schiff an der Tanke vorbei bis in eine Parkbucht gerollt, die kam wie gerufen. Als er da so stand wäre ich fast etwas nervös geworden, das hätte allerdings nicht viel geholfen und Probleme mit dem Kühler kannte ich schon vom Hundeknochen... also erst mal eine rauchen, abkühlen lassen, checken ob Wasser im Öl ist, schauen ob er irgendwo anders essentielle Schäden hat, Wasser nachkippen und schauen, ob er wieder anspringt. Während meiner Zwangspause (war so acht am Abend, grade so am dunkel werden) hab ich dann Nikolai kennengelernt. Trucker aus Kasachstan und zur Übernachtung mit seinem Laster auf dem Parkplatz. Dazu noch Langeweile und Lust zu basteln. Einhelliger Meinung nach (und auch der Meinung des "Jetzt helfe ich mir selbst" Büchleins, dass ich mir vorher bei eBay geschossen und cleverer weise sogar dabei hatte) arbeitet wohl das Thermostat nicht richtig. Die Idee das Ding aber einfach an Ort und Stelle auszubauen bedurfte allerdings einiger Überredungskunst seinerseits. Wo das Ding sitzt konnte uns das schlaue Buch mitteilen, das die Schrauben allerdings recht lang und nach 40 Jahren auch recht fest waren, wusste die Lektüre nicht. Also an die Tanke und für 10 Euros Schraubenschlüssel kaufen, drei Stunden, eine Flasche marcedonischen Rotwein (für Nikolai, muss ja auch Spaß machen) und eine halbe Schachtel LM (auch für Nikolai) und seine komplette Lebensgeschichte später hatten wir alles wieder zusammen und die Maschine lief auch wieder. Allerdings nicht super, etwas zu warm wurde er immer noch.1000x bei Nikolai für seine Hilfe bedankt und zurück auf die Piste, nach Mainz erst mal.
Am nächsten morgen dann weiter nach Kassel. Um ihn nicht wieder zu heiß werden zu lassen allerdings in 50km Schritten: von Parkplatz zu Parkplatz und ihn abkühlen lassen. Da er kein Radio hat (und auch keine Einbaublende, wo kann man sowas kaufen? Würde gerne was authentisches nachrüsten) war es nicht sooo schlimm, dass ich alle Scheiben runter hatte und die Heizung auf "Wambo" mitlaufen lassen musste. Sah höchstens für andere Autofahrer komisch aus, so mit Mütze und dicker Jacke, aber den Ellenbogen aus dem Fenster halten! Stadtverkehr Kassel war dann nochmal eine Prüfung für mich, aber auch die haben Auto und Fahrer letztendlich überstanden und so steht er jetzt erst mal da.
Was haben wir gelernt? Nicht ohne Werkzeug losfahren. Nicht ohne Büchlein losfahren. Sich nicht auf andere Leute verlassen, die einem erzählen, dass alles in Ordnung ist (das ist sowieso sehr relativ). Kein schlechtes Wort über Trucker! Alles in allem bin ich aber eigentlich froh, dass es so gelaufen ist - immerhin eine nette Story zum erzählen. Und wenn alles glatt geht, dann wäre die erste Tour mit dem Knudsen wahrscheinlich schnell vergessen gewesen. Dank nochmal an Nikolai.
Meine to-do Liste:
*Kühler Problem lösen
*Neue Reifen (evtl. auch auf Escort RS Felgen)
*Neue Silikon Buchsen für beide Achsen
*Neue Stoßdämpfer
*Hohlraum versiegeln
*Warnblinkanlage nachrüsten (ich frage mich echt wie er ohne TüV gekriegt hat!)
*Sicherheitsgurte und Kopfstützen nachrüsten (jaaa, ich weiß, da sind einige anderer Meinung. Es geht mir dabei weniger um meine eigene Sicherheit, aber wenn mal was ist und ich breche jemandem das Genick, dann würde ich mir das einfach nicht verzeihen. Und ich mag Symmetrie, deswegen müssen welche auf beide Seiten)
*unwichtigeres Zeug: Radio nachrüsten, Evtl Escort RS Lenkrad usw...
So, Ende.