Hallo liebe Forumme und Foruminnen,
er ist fertig. Nach drei Jahren und sechs Monaten.
Es ist mir scheißegal, wie viele Leute den TC1, genannt Knudsen, als „cooles Gefährt“ oder „Kultauto“ beschreiben. Ich weiß, dass ich von frühester Kindheit an von dem Wagen fasziniert war – schließlich wurde ich mitten in die Herrscherzeit des Knudsen hineingeboren (1973). Ich habe im Kindergarten mit Plastikspielzeug Papas Kombi (saharabeige, 1,3er eingetragen mit 1,6er-Maschine) nachgebastelt, habe im Kunstunterricht immer wieder die Knud-Nase gemalt und als Jugendlicher mit Kumpels wild debattiert, wie wir einst das Hinterachsdifferenzial unseres Lieblingstraumautos rot lackieren könnten.
Ich habe seither nie aufgehört, dieses Auto besitzen zu wollen. Noch lange vor Creme 21 oder irgendwelchen Motorravern oder Bang Boom Bang oder sonstigen „Der-Knudsen-ist-total-Kult-ey“-Strömungen. Dass das mal klar ist.
Im September 2007 mache ich Ernst: Ich suche nach einem TC1 und werde fündig. Ich habe viel zu schnell zugeschlagen und hatte ja keine Ahnung, was ich da tue. 1974er QP 1,6 XL, ursprünglich Sebring-Rot, jetzt mies lackiert in verblichenem Puff-Rot. Rost rundum. Leisten und Dichtungen beim Lacken einfach schlecht abgeklebt. Der Verkäufer labert mich zu: „Da gibt’s Kotflügel für zu kaufen, zack, einfach draufschrauben, Reparaturbleche reingeschweißt, Lack drüber, TÜV, feddich is die Laube. In ein paar Monaten biste auf der Straße.“ Ich lege 2400 Schleifen hin, freue mich über das tolle „Schnäppchen“ und fahre stolz wie Harry mit geladenem Trailer nach Hause.
Jetzt erstmal Fotos machen, dann auseinanderbauen. Oh Shit, der ist ja völlig im Po.
Jeden Tag eine neue Rostfraßstelle entdeckt. Ich beginne mit Werkzeugkauf, lese mich in Karosseriebauliteratur ein, gebe ein Heidengeld an Reparaturblechen aus – und stehe wie der Ochs vorm Berg. Zwischendrin melde ich mich bei einem seltsamen Forum an, in dem lauter Irre über ihre Fords schreiben. Gefällt mir. Hätte ich vielleicht schon früher mal machen sollen.
Weiter geht’s, die ersten Monate sind schon rum. Ein Bekannter kennt jemanden, der was von Autos versteht, kann schweißen und so. Der kennt auch jemanden, bringt den mit und macht einen guten Eindruck. Die beiden jungen Männer sollen den Taunus schweißen, in fünf Monaten sollen sie alles soweit haben. Die To-Do-Liste: Kotflügelauflagen, Schweller innen und außen, A-Säulen, Fußraum, Endspitzen, Radläufe etc. Die Klassiker halt. Für den Scheinwerferkasten brauchen sie zwei Wochen. Es folgen immer wieder sonntags ein paar Einsätze. Irgendwann reicht’s.
Ich wende mich an Karosseriebaubetriebe, mache Besichtigungen vor Ort. Reaktionen: „Ich habe noch nie ein Auto gesehen, das so im Arsch ist.“ Ein anderer besichtigt und meldet sich gar nicht mehr. Haben wohl genug Geld.
Ein Jahr ist vergangen, ich finde endlich einen Fachmann, der die Kiste schweißt. Von Juli 2008 bis Februar 2009 steht der Taunus bei ihm auf der Richtbank.
Erleichtert kann ich den Wagen abholen, habe zwischenzeitlich schon etliches Geld investiert. Ein Freund kümmert sich zwischendrin mal um die Technik, während ich monatelang auf den Lacker warte. Ventile eingestellt, Zahnriemen gewechselt, Elektrik auf Vordermann gebracht. Dann, es geht in den Herbst 2009, meldet sich der Lacker: Los geht’s, hab zwei Wochen Zeit, schnellschnell. Ich hab grad so überhaupt keine Zeit, er macht alles allein, geile Rechnung produziert.
Ich gebe nicht auf. Dafür ist es jetzt viel zu spät. Der Karren ist mittlerweile geschweißt, lackiert, Teile sind (fast) alle da. Zusammenbauen und Abfahrt. Jahaaa, von was träumst du nachts? Wieder ein Bekannter am Start. Er verspricht, rasch zusammenzubauen, Technik zum Laufen zu bringen. Ich stelle ihm das Auto im Frühjahr 2010 in den Hof. „Im Juli fährst du Taunus“, verspricht er. Die Grillsaison beginnt. Das Obst reift an den Bäumen. Die Tage werden kürzer. Es wird November. „Fertig soweit, den Rest musst du selber machen“, meint er dann Anfang Winter. Ich hole den Taunus ab und freue mich über den Schnee und die Minustemperaturen, die die Gummiauslegeware so porös werden lassen wie Knäckebrot und die neuen Dichtungen so steif wie Long Dong Silvers Werkzeug. Es ist der vierte Winter, den das Projekt erlebt.
Ab Februar 2011, zwischendrin war ich auch mal Bauherr und musste mich um ein Dach überm Kopf kümmern, arbeitete ich jedes Wochenende am Auto und trage schließlich am 13. März die Politur auf die perfekt verzinnten, geschliffenen und lackierten Kotflügel auf. Die Werkstatt erneuert Traggelenke und Lenkung, macht Bremsen gängig, wechselt Öl und Bremsflüssigkeit. Nochmals eine nette Rechnung bei der Apotheke für die benötigten Teile, quasi als kleines Abschiedsgeschenk. Dann, endlich, ein Anruf: „Das Coupé ist fertig, Sie können die Papiere abholen. H-Kennzeichen erteilt, TÜV-frei.“
Jetzt mal im Ernst, Leute: Ich hätte mir für das Geld mindestens zwei unrestaurierte Top-Modelle vor die Hütte stellen können. Ich musste eine unendliche Geduld beweisen und Tausende Euro Lehrgeld bezahlen. Aber ich hab einen gerettet, der in allen Belangen meinem Traumauto aus den Kindertagen entspricht. Das allein zählt für mich.
Am Wochenende habe ich die ersten 70 Kilometer zurückgelegt, krieg das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht.
An dieser Stelle vielen Dank an alle hier im Forum, die mich unterstützt haben: Sei es mit gesuchten Teilen, wichtigen Tipps oder dämlichen Sprüchen. Ich hoffe, wir fahren uns mal im echten Leben über den Weg.